Wütende Richterinnen
In der Corona Zeit habe ich vor Gericht schon einiges erlebt, aber bei den nun noch übrig gebliebenen Fällen, hat sich an der Art der Verhandlungsführung nichts geändert – gar nichts. Es war schon unglaublich, dass die Richterin in dem Berufungsverfahren in Hannover gegen Robert S. , ein Patient von Dr. Carol Javid-Kistel, veranstaltet hat. Sie lud Zeugen die für die Urteilsfindung völlig unerheblich waren. Nun meldete ich mich krank wegen einer Bronchitis, das hielt die Richterin aber nicht davon ab, auch ohne Anwalt weiter zu verhandeln. Zwar ist dies grundsätzlich in den Fällen einer Wahlverteidigung möglich, habe ich in 20 Jahren Anwalt aber noch nie erlebt. Ferner stuft der BGH ein solches Verhalten als ein Verstoß gegen ein faires Verfahren ein – was uns dann ggf. noch einen Grund für eine Revision in dem Verfahren verschaffen könnte.
Von einem fairen Verfahren in Hannover gehe ich ohnehin nicht mehr aus. Die Verfahrensführung ist völlig an der Rechtsfindung vorbei und mein Befangenheitsantrag wurde abgelehnt, da dieser angeblich nicht unmittelbar erfolgte. Die Richterin hatte u.a. vor aller Öffentlichkeit die Krankenakte meines Mandanten verlesen und wollte den Gerichtssaal damit zum Behandlungsraum machen. Dass dies rechtlich für das Berufungsverfahren völlig unerheblich gewesen ist, störte sie dabei wenig.
Letzte Woche fuhr ich zu einem Verfahren nach Düsseldorf. Meine Mandantin hatte auf dem Bahnsteig ihre Maske kurz unter die Nase gezogen, um besser Luft zu bekommen. Als sie dann weiterhin von den Ordnungskräften genervt wurde, nahm sie kurzer Hand die Beine in die Hand und wollte die U-Bahn Station verlassen. Von vier Personen wurde Yvonne F. brutal zu Boden gebracht, so dass sie mit dem Kopf auf den Steinboden schlug.
So hatte mir meine Mandantin die Situation beschrieben. Im Gerichtssaal spielte die Richterin das Beweisvideo, welches zuvor aus unerfindlichen Gründen nicht zu übermitteln war, vor. Das Video bestätigte die Darstellung meiner Mandantin, aber die Richterin hatte wohl ein anderes Video gesehen, oder Tomaten auf den Augen. Unentwegt schrie sie meine Mandantin an, diese hatte bemerkt, dass sie auf den Boden geschlagen wurde.
An ihrer Stelle wäre ich nun mal ganz vorsichtig, schalte es von vorne. Als meine Mandantin wegen der Aufregung dann einen Schluck Wasser trinken wollte, ertönte es, dass im Gerichtssaal nicht getrunken werde und meine Mandantin gleich ein Ordnungsgeld dafür bekommen werde. Ich überlegte an der Stelle, was diese gespielte Aufregung der Richterin eigentlich zu bedeuten habe und ob ich einen Befangenheitsantrag stellen sollte. Als dann in dem Video zu sehen war, dass einer der Ordnungskräfte meine Mandantin mit voller Wucht auf die Brust schubste und diese dann auf einer Bank landete und dabei die Füße aus Reflex in die Höhe gingen, empörte sich die Richterin abermals: nun habe meine Mandantin auch noch um sich getreten.
Es folgte sodann die Auflösung für die gespielte Empörung der Richterin. Sie schlug uns einen Deal vor. Wir sollten den Einspruch gegen den Strafbefehl zurück nehmen, dort sei auch nur eine Beleidigung vermerkt gewesen, ansonsten drohe jetzt nämlich eine Anklage wegen einer schweren Körperverletzung mit einer Mindeststrafe von 6 Monaten. In dem Video waren dafür zwar keinerlei Beweise vorhanden und meiner Ansicht nach standen die echten Täter als Zeugen vor der Türe, gleichwohl haben wir uns dann für den „dreckigen Deal“ entschieden. Warum?
Erstens war es offensichtlich, dass bei dieser Richterin kein Recht gesprochen werden würde und zweitens war eine Verurteilung wegen Beleidigung doch sehr wahrscheinlich, wenn die Zeugen übereinstimmend aussagen würden – wovon auszugehen war. Schließlich haben wir noch die Höhe des Tagessatzes reduziert bekommen. Auch ist eine erneute Anklage wegen dem gleichen Sachverhalt wegen einer angeblichen Körperverletzung nun nicht mehr möglich.
Dies ist nur ein weiteres Beispiel für die „Corona Verfahren“, bei denen ich ein faires Verfahren fast nie erlebt habe. Es ist leider eine traurige Wahrheit, dass man in diesen Verfahren besser mit dem Spatz in der Hand, als mit der Taube auf dem Dach den Gerichtssaal verlässt. In rechtlicher Hinsicht, und dies war auch der gespielt wütenden Richterin klar, bestand für die Ordnungskräfte auch keinerlei Recht zur Festnahme nach § 127 StPO. Die vorläufige Festnahme gilt nämlich nur für Straftaten, nicht aber bei „angeblichen“ Ordnungswidrigkeiten, wie Maske kurz unter die Nase ziehen. Aber bei Corona Taten gelten eben andere Regeln als normal, da können „Querdenker“ einfach straffrei mit dem Kopf auf den Steinboden geknallt werden – sie sind ja schließlich eine Gefahr für die gesamte Bevölkerung.