Das Erbe von Querdenken – Teil 1

Das Erbe von Querdenken – Teil 1
Published On: Juli 26, 20221959 words9,8 min read

Ein Kommentar und Rückblick von Rechtsanwalt Gordon Pankalla

Alleine Ballwegs Markenname „Querdenken“ war bereits falsch. Bringt man doch mit dem Wort quer gleich Dinge wie: Querkopf, sich querstellen in Verbindung, anstatt wie beabsichtigt eine Versöhnung, eine Beendigung der gesellschaftlichen Spaltung aufgrund der Corona-Politik. Ballweg, der Mann für die großen Bühnen, in U-Haft. Der Vorwurf ist niemanden so wirklich bekannt, was man der Presse entnehmen kann, soll es aber um die Spenden bzw. Schenkungen gehen. Da kommt die Rettung direkt von der Sonneninseln Mallorca. Sein Freund und Anwalt Ralf Ludwig verkündet die Zusammenstellung eines Anwalts- und Presseteams. Wie gut, wenn man solche Freunde hat.

https://t.me/RA_Ludwig/6219

Zwei Tage lang habe ich versucht im Internet einen Lebenslauf von Ludwig zu finden, ohne Erfolg. Das Einzige was man von ihm weiß, dass er Anwalt aus Leipzig ist und sich vor der Corona Krise für Kindergartenplätze eingesetzt hatte. Das System, immer das gleiche, alles natürlich kostenlos und mit Musterschreiben. Dieses System wollte Ludwig dann auch auf die Corona Maßnahmen umsetzten, mit seinen Klagepaten. Ein Anwalt der sich mit Kindergartenplätzen beschäftigt, eine Kanzlei in Leipzig hat, aber offenbar seine gesamte Zeit in seinem Haus auf Mallorca verbringt, sucht jetzt also Paten für seine Corona Klagen.

Spenden oder Klagepaten?

Auf meine Nachfrage, wie er dies alles organisieren wolle, erklärte er mir, dass man dies alles mit Software und Computerprozessen abwickeln könne. Hierfür hatte er genau einen einzigen Anwalt angestellt. Ein bedauernswerter junger Kollege, der nun das zweifelhafte Vergnügen hatte, täglich hunderte, wenn nicht sogar tausenden Anfragen beantworten zu müssen. Händeringend suchte Ludwig nun nach weiteren Anwälten zur Unterstützung. Ungefragt setzte er auch mich als Ansprechpartner für den Bereich NRW auf seine Klagepaten Seite. Somit suggerierte er den hilfesuchenden Menschen, dass es sich wohl um ein großes Anwaltsnetzwerk bzw. Team handeln würde. Was es in Wirklichkeit nicht gab. Gleichwohl versprach er vollmundig auf seiner Webseite Klagepaten, auch denjenigen Menschen, die keine finanzielle Mittel bzw. Rechtsschutzversicherung hätten, eine kostenlose anwaltliche Unterstützung.

Dass dieses Versprechen gar nicht aufgehen konnte, hatte ich Ludwig bereits vorher gesagt. Im Gegensatz zu einem immer gleichen Sachverhalt wie bei den Kindergartenklagen, ging es hier um eine Vielzahl unterschiedlichster Rechtsgebiete und Begebenheiten, die man eben nicht durch einen Computerprozess abbilden kann. Nebenbei bemerkt, sehe ich als Anwalt auch meine Aufgabe darin, mit den Menschen zu sprechen und zwar persönlich.

In den nachfolgenden Wochen meldeten sich bei mir und weiteren Kollegen frustrierte Hilfesuchende, die bei Klagepaten nicht mal eine Antwort auf ihre Anfragen erhalten hatten. Was bedeutet es ein Pate zu sein? Paten stehen für andere Menschen ein und dafür um auch für sie aufkommen zu wollen. Ich selbst habe ein Patenkind und auch hier besteht natürlich auch eine persönliche Verbindung. Das Klagepaten System ist hingegen völlig intransparent. Die Spender bzw. Schenker haben keinerlei Ahnung davon, welchen Prozess sie mit ihren Zuwendungen finanzieren. Eine Überprüfung entsprechender Zuwendungen ist daher schlicht auch nicht möglich.

Welche Fälle konkret von den Paten finanziert wurden ist völlig unklar. Ob es wirklich eine kostenlose rechtliche Hilfe gab, ist mir nicht bekannt. Sofern Menschen tatsächlich solche kostenlose Unterstützung erhalten haben, würde ich den Kollegen Ludwig bitten, dies öffentlich zu machen. Es wundert mich sehr, dass der medial sehr aktive Ludwig in seinen Social Media Kanälen, darüber nicht berichtet hat. Ganz nach dem Motto tue gutes und sprich darüber. Ich gehe fest davon aus, dass die „Paten“ an einer solchen Berichterstattung sehr interessiert gewesen wären.

Wenn Ludwig von Schenkungen oder Spenden redet und diese aber mit einem bestimmten Erfolg, nämlich der kostenlosen Rechtsberatung verknüpft, so handelt es sich rechtlich gesehen, keinesfalls um eine Schenkung. Da eine Schenkung frei von einer Gegenleistung ist. Diese Gegenleistung wurde hier jedoch klar benannt. Nämlich die kostenlose rechtliche Hilfe für mittellose Menschen. Wenn hier also der Zweck der geldlichen Zuwendung nicht erfüllt wird, so kann der „Schenker“ sein Geld zurück verlangen. Dies ohne wenn und aber.

Abgesehen davon, stellt sich die Frage, ob die auf der Webseite genannte Versprechung überhaupt erfüllbar gewesen ist. Nach dem oben gesagten, würde ich dies stark bezweifeln. Ludwig muss doch von Anfang an klar gewesen sein, dass die tausenden Anfragen, nicht von einem einzigen angestellten Junganwalt und einem Netzwerk von Juristen, die gar nicht gefragt wurden, zu bewältigen gewesen wäre.

Da stellt sich doch die Frage, wie der „Schenker“ die Versprechung auf der Klagepaten Webséite verstehen durfte. Ein objektiver Dritter, der so eine Ankündigung liest, würde auf jeden Fall zu dem Ergebnis kommen, dass hier bei der großen Nachfrage auch zahlreichen Menschen geholfen worden wäre. Wie bereits gesagt, ist uns kein einziger Fall bekannt, bei dem das Klagepaten Team kostenlos tätig geworden ist. Ferner stellt sich doch die Frage, wie solche kostenfreien Anwaltsleistungen eigentlich mit der Berufsordnung für Anwälte zu vereinbaren ist, denn pro bono Tätigkeiten sind zwar nicht ausgeschlossen, aber auf der anderen Seite darf dies nicht zu einem Preisdumping für Anwälte werden, oder reinen Werbezwecken dienen.

Hat also Ludwig die Menschen wissentlich mit seinen Versprechungen getäuscht und daher zu einer Vermögensverfügung veranlasst. Dies wären jedenfalls gemäß § 263 StGB die klassischen Tatbestandsmerkmale eines Betrugs. Täuschung, Irrtum und darauf beruhend eine Vermögensverfügung (Schenkung).

OLG München, Beschl. v. 11.11.2013 – 4 StRR 184/13
Ein Vermögensschaden liegt bei einseitigen Verfügungen dann vor, wenn der mit der Vermögensverfügung vom Gebenden bestimmte nicht vermögensrechtliche Zweck nicht erreicht wird. Denn wenn der Zweck verfehlt wird, so wird das Vermögensopfer wirtschaftlich zu einer unvernünftigen Ausgabe veranlasst, die auf Täuschung beruht. Erforderlich ist die Verfehlung eines Zweckes, der dem Verfügenden in der konkreten Situation notwendig und sinnvoll erscheint, sei es, dass er einen sozialen Zweck, sei es, dass er einen indirekten wirtschaftlich relevanten Zweck verfolgt.“

Vielleicht könnte man sogar über einen gewerbsmäßigen Betrug nachdenken, hierzu eine Entscheidung des LG Augsburg, in ständiger Rechtsprechung.

BGH 1 StR 343/11 – Beschluss vom 7. September 2011 (LG Augsburg)
Gewerbsmäßigkeit liegt vor, wenn der Täter in der Absicht handelt, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Hierfür reicht aus, dass sich der Täter mittelbare Vorteile aus den Tathandlungen verspricht, etwa wenn die Vermögensvorteile an einen von ihm beherrschten Verein fließen; insoweit ist erforderlich, dass der Täter ohne weiteres auf diese Vorteile zugreifen kann. Eines tatsächlichen Zugriffs bedarf es hierfür allerdings nicht. Maßgeblich und ausreichend ist vielmehr eine dahingehende Absicht. Liegt ein derartiges Gewinnstreben vor, ist schon die erste der ins Auge gefassten Tathandlungen als gewerbsmäßig anzusehen (st. Rspr.)

Widerstand 2000 – Jetzt kommen wir in den Bundestag

In den Kopf von Ludwig können wir natürlich nicht hinein schauen. Interessant ist aber, wenn man sich seine weiteren Aktivitäten etwas genauer anschaut. Von der schönen Sonneninsel Mallorca aus, war es stets der Kollege Ludwig, der als erste vor Ort war. So meldete er sich auf die Anfrage von Ballweg bzgl. der Klage wegen des Demonstrationsverbots und nahm auch unverzüglich Kontakt zu einer gewissen Victoria Hamm auf, um gemeinsam eine Partei zu gründen. Dann sehen wir Ludwig an einem Tisch mit dem HNO-Arzt Schiffmann, der durch seine Aufklärungsvideos bei YouTube bekannt geworden war. Hamm, Schiffmann und Ludwig gründen nun eine Partei „Widerstand2020“. Der euphorisierte Schiffmann erklärt das diese Partei bei der nächsten Bundestagswahl die Mehrheit im Parlament stellen würde. Unterstützungen durch Spenden bzw. Schenkungen sind abermals willkommen.

In kurzer Zeit kommen so ca. 90.000 € an Spendengeldern zusammen. Doch bereits nach kurzer Zeit, ist die Euphorie verflogen, da sich das Trio nicht auf einen gemeinsamen Kurs einigen konnte. Eine Abstimmung mit Schiffmann sei nicht möglich gewesen, beklagte sich Hamm. Es hätten chaotische Zustände geherrscht, die für sie so nicht tragbar gewesen seien. Hamm war für die von ihr entwickelte Webseite und das Parteiprogramm verantwortlich. Zudem beantwortete sie Tag und Nacht die eingehenden Anfragen per Mail. Aber auch was die Schenkungen bzw. Parteispenden anbelangte war man unterschiedlicher Auffassung. Hamm wollte nämlich unabhängig bleiben und lehnte daher größere Spendenbeträge ab, womit Ludwig und Schiffmann allerdings nicht einverstanden waren.

Hamm räumte daraufhin das Feld und überließ Ludwig und Schiffmann auch die Webseite. Allerdings ohne das von ihr entwickelte Parteiprogramm, welches sie mitnahm. Ab diesem Zeitpunkt war außer einem Hallo und herzlich Willkommen nichts mehr vorhanden. Daran änderte sich auch in der Zukunft nichts mehr. Hamm war über den Ausgang, des von ihr ins Leben gerufene Projekts sehr traurig. Insbesondere tat es ihr um die Menschen leid, die ebenfalls an das Projekt geglaubt hatten und daher auch Spenden überwiesen hatten. Von diesen ca. 90.000 € gesammelten Spenden überwies sie selbst ca. 30.000 € zurück. Sie unterschrieb Ludwig eine Vollmacht aufgrund derer er Zugriff auf das Paypal Konto der Partei erlangte, zu diesem Zeitpunkt befanden sich ca. 64.000 € auf
dem Konto. Über weitere Rückzahlungen kann Hamm nichts sagen, der Kontakt zu Ludwig und Schiffmann sei dann auch abgerissen.

https://t.me/pankalla/10554

https://t.me/pankalla/10555

Die Rockstar Bustour – Deine Stars zum anfassen

Fazit: auch das Projekt „Widerstand2020“ entpuppte sich als eine Luftnummer. Übriggeblieben sind die 64.000 € auf dem Paypal Konto, wovon kein Mensch weiß, was aus diesen geworden ist. Für die Partei hatten Ludwig und Schiffmann vermutlich auch keine Zeit mehr, denn nun ging es auf die große Bustour. Schiffmann wollte erkannt haben, dass man noch mehr Bürger in den Fußgängerzonen und auf der Straße erreichen müsse, um den Bürgern die Wahrheit über den Corona-Virus zu vermitteln. Das dies gescheitert ist, hat Schiffmann nachträglich sogar selbst zugestanden. Daher wurde aus der großen Aufklärungstour eine Rockstar-Tour für die eigenen Fans, die nun die Möglichkeit hatten ihre Internetlieblinge auch mal live und in Farbe zu erleben.

Als die Tour nach Köln kam, erhielt ich die Anfrage von Ludwig, ob ich nicht auch auf den Neumarkt kommen wolle. Ich fuhr also zum Neumarkt und nach einer Stunde Wartezeit fuhr der Luxusliner unter der jubelnden Menge vor. Die Stars waren angekommen und nun passierte etwas, was ich zuvor noch nie erlebt hatte: Eine ältere Dame drückte mir doch tatsächlich 20 € für meine Aktivitäten in die Hand, obwohl ich diese gar nicht annehmen wollte, war die Dame nicht bereit das Geld zurück zu nehmen.

https://www.youtube.com/watch?v=TCKPZrLZxJo

Ebenfalls im Internet konnten die Bustour-Fans ihre Lieblinge in Echtzeit verfolgen. Wie bei einer Soap erfuhr man alles von seinen Lieblingen. Auch wenn die Chemie-Toilette ausgeleert werden musste. Diese Realtime Berichterstattung ist doch viel interessanter als der Frauentausch bei RTL2. Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude, bald wird auch der Luxusbus bei mir in der Stadt auf dem Marktplatz vorfahren. Die Live Position des Busses war stets über das Internet zu ermitteln. Welche Frage ich mir gestellt habe ist, wie es Schiffmann, Ballweg und Co. überhaupt zeitlich möglich war, eine solche Tour zu veranstalten. Wenn Schiffmann behauptet, ich habe bei der Tour mitfahren wollen, ist dies nachweislich falsch, da ich für solche Touren gar keine Zeit hatte, weil ich mich um die juristischen Belange der Menschen kümmern musste. Urlaub habe ich zwei Jahre gar nicht gemacht. Wenn ich auf Demos gewesen bin, dann war dies an den Wochenenden. Dies führt zu der Frage, wie man so eine Bustour mit dem Luxusliner überhaupt finanzieren kann. Die Antwort liegt auf der Hand. Spenden.

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