Das System Strack-Zimmermann
Marie-Agnes Strack Zimmermann (FDP) ist zurzeit offenbar dabei, sich neben ihrem üppigen Einkommen als Bundestagsabgeordnete eine weitere Erwerbsquelle zu erschließen und ganz nebenbei ihren Kritikern den Mund zu verbieten. Strack-Zimmermann erstattet monatlich mehrere hundert Strafanzeigen, wie der Spiegel meldet.
Es geht um hunderte von Strafanzeigen und Abmahnung und Klage auf Schmerzensgeld, die ganz systematisch erhoben werden. Nach den bisherigen Erkenntnissen beauftragt Strack-Zimmermann die SO DONE UG (haftungsbeschränkt) mit der Suche nach Beleidigungen gegen ihre Person. Geschäftsführer dieser Gesellschaft ist Rechtsanwalt Alexander Brockmeier, der ebenfalls FDP Mitglied ist. Um an die Namen und Anschriften der „Täter“ zu kommen die auf Twitter (jetzt „X“) nicht unter ihrem richtigen Namen schreiben, werden in der Stufe 1 zunächst Strafanzeigen bei der Kölner Staatsanwaltschaft gestellt, um anschließend dann Abmahnungen verschicken zu können und Schmerzensgeld einzuklagen.
Der Rechtsanwalt Brockmeier erstattet diese Strafanzeigen für Frau Strack-Zimmermann und stellt in ihrem Namen auch Strafantrag. Die Bearbeitung dieser Massenstrafanzeigen erfolgt wohl in allen dieser Fälle durch einen Kölner Staatsanwalt. Nachdem dieser Kölner Staatsanwalt von der Abteilung Cyber Kriminalität für sie eifrig die Nutzerdaten ermittelt und an Rechtsanwalt Brockmeier weitergeleitet hat, spricht Rechtsanwalt Brockmeier aus Rheine für Frau Strack-Zimmermann dann Abmahnungen aus.
Dass ein Staatsanwalt die Daten ermittelt ist eigentlich nicht zu beanstanden, merkwürdig ist aber, dass dieser Staatsanwalt nur dann tätig wird, wenn Strack-Zimmermann betroffen ist – der Staatsschutz ist in diesen Verfahren beteiligt. Bei anderen Personen erhält man von der StA Köln hingegen die Nachricht, dass die Täter nicht zu ermitteln seien – eine Verurteilung sei nicht zu erwarten, daher würde man die ganze Sache nicht weiter verfolgen wollen. Gleichbehandlungsgrundsatz?
Die Abmahnschreiben sind grundsätzlich immer gleich aufgebaut, lediglich ein Passus mit der (angeblichen) beanstandeten Rechtsverletzung wird ausgetauscht. Weshalb die Aussage im konkreten Fall rechtswidrig ist, wird nicht erläutert. Der Abmahnung liegt dann eine Unterlassungsverpflichtungserklärung bei, mit welcher sich der abgemahnte verpflichten soll „Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu Lasten von Frau Strack-Zimmermann zu unterlassen“ und Rechtsanwaltskosten sowie ein Schmerzensgeld an Frau Strack-Zimmermann zu zahlen.
Auffällig ist dabei, dass die veranschlagten Rechtsanwaltskosten viel zu gering bemessen und für die (mutmaßlichen) Unterlassungsansprüche lediglich ein Streitwert von ca. 1.000,00 Euro angesetzt wird. Ein Anspruch auf das begehrte Schmerzensgeld besteht in keinem der uns bisher bekannten Fälle, die ich und auch der Kollege Markus Haintz bisher auf den Schreibtisch bekommen haben. Der Schmerzensgeldanspruch setzt voraus, dass eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegt, dem Schädiger ein schweres Verschulden vorzuwerfen ist und ein unabwendbares Bedürfnis für die Zubilligung einer Geldentschädigung besteht. Unterschreibt der „Schädiger“ diese Unterlassung nicht „freiwillig“, zündet der Anwalt Alexander Brockmeier die zweite Stufe und klagt alle Fälle beim Amtsgericht in Rheine ein – wo offenkundig nach dem Geschäftsverteilungsplan immer eine Richterin diese Fälle bearbeitet.
Dabei ist das Amtsgericht Rheine für die Streitigkeit schon sachlich nicht zuständig, da in Verfahren auf Unterlassung gegen eine Person des öffentlichen Lebens ein Streitwert von 10.000 EUR anzunehmen ist, hinzu kommt der Schmerzensgeldanspruch und damit ist nicht das Amtsgericht zuständig, sondern das Landgericht. Warum diese Richterin aus Rheine alle Strack-Zimmermann Fälle an sich zieht und dann auch immer ohne eine mündliche Verhandlung entscheiden will, ist völlig unverständlich.
Hierzu meint der Kollege Alexander Brockmeier, dass er die Unzuständigkeit des Amtsgericht in Rheine nicht nachvollziehen kann, da das AG Rheine in vergleichbaren Fällen einen Streitwert von 1.600,00 EUR angenommen habe. Es sei nicht ersichtlich, weshalb im vorliegenden Fall von der bisherigen Rechtsprechung des Amtsgerichts Rheine abgewichen werden sollte. Das kann ich Ihnen sagen, Herr Kollege: alleine der ebenfalls eingeklagte Unterlassungsanspruch hat einen Streitwert von 10.000 EUR. Dies habe ich der zuständigen Richterin auch mitgeteilt und nun einen Befangenheitsantrag gegen diese Richterin gestellt, deren mir bekannte Urteile auch in der Sache offensichtlich als Fehlurteile zu bewerten sind.
Pikant bei dem Strack-Zimmermann System ist auch, dass man die Verfahren nicht nur vor dem falschen Gericht führt, sondern die Schmerzensgeldansprüche dann auch noch steuerfrei sind, im Gegensatz zu den offenkundig als viel zu gering veranschlagten Anwaltskosten. Apropos Anwaltskosten, wie mir nun mitgeteilt wurde, haben die Mandanten in diesen Verfahren das Problem keinen Anwalt zu finden, da bei dem viel zu geringen Streitwert die angerufenen Anwälte die Fälle nicht übernehmen wollen – unwirtschaftlich.
Was mich interessieren würde: in wie vielen Fällen hat die Richterin aus Rheine entgegen ihrer Zuständigkeit inzwischen Unterlassungen ausgesprochen und Schmerzensgelder zugesprochen. Rede wir hier von hunderten, oder gar von tausenden Verfahren?