Existenzrechts Israels leugnen bald Volksverhetzung?
In Berlin trafen sich die Justizminister zu einer Herbst Konferenz und diskutieren über die Schließung von Gesetzeslücken im Strafrecht. Es ging um § 130 Strafgesetzbuch (StGB), Volksverhetzung. Das Strafrecht müsse „den Gefährdungen des öffentlichen Friedens, die sich aus der Leugnung des Existenzrechts des Staates Israel ergeben können, ausreichend Rechnung tragen“, so die Justizminister.
Interessant ist auch der neue Formulierungsvorschlag zum § 130 StGB, in dem auch Behinderungen, die sexuelle Orientierung, die geschlechtliche Identität oder ein vergleichbares Merkmal aufgenommen werden soll. Mit Blick auf die Volksverhetzung fordert die Union, Antisemitismus künftig zu einem besonders schweren Fall zu machen – die Folge: mindestens sechs Monate Freiheitsstrafe. Auch Hessens CDU-Justizminister Roman Poseck, hatte bereits gefordert, auch die Leugnung des Existenzrechts Israels unter Strafe zu stellen.
Nach bislang geltendem Recht setzt die Strafbarkeit nach § 130 Abs. 1 StGB eine Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens voraus. Ob eine Äußerung tatsächlich geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, kann von den Gerichten nicht empirisch überprüft werden. Das Merkmal stellt sich daher faktisch als wertungsoffenes Korrektiv dar, das den Gerichten weiten Spielraum bei der Einordnung von Sachverhalten als strafwürdig oder nicht strafwürdig eröffnet. Aus dem Erfordernis einer Störung des öffentlichen Friedens in Deutschland wird abgeleitet, dass sich die Äußerung gegen eine in Deutschland lebende Gruppe richten muss. Ob daher das Existenzrechts Israels unter den § 130 StGB fallen kann, ist unter Juristen umstritten, da es eben nicht um eine in Deutschland lebende Gruppe handelt.
Vorschlag für eine Neuregelung von § 130 Abs. 1 und 2 StGB
Wer öffentlich
1. gegen eine nationale, religiöse, durch ihre ethnische Herkunft, Behinderung, sexuelle Orientierung, geschlechtliche Identität oder ein vergleichbares Merkmal bestimmte Gruppe oder gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit oder Zuschreibung zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert, solche Maßnahmen billigt oder androht oder
2. eine vorbezeichnete Gruppe oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit oder Zuschreibung zu einer vorbezeichneten Gruppe in einer antisemitischen, sexistischen, rassistischen oder vergleichbaren menschenverachtenden Weise beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, …. wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Prof. Dr. Matthias Jahn, Strafrechtsprofessor an der Goethe-Universität in Frankfurt, sieht dagegen keinen neuen Regelungsbedarf. „Dass es Lücken gibt, die sich mit dem geltenden Recht nicht schließen lassen, halte ich empirisch für mindestens fraglich“, so Jahn. Nach seiner jahrezehntelangen Erfahrung als Revisionsrichter lasse sich antisemitische Hetze regelmäßig als Volksverhetzung erfassen. Und wo der § 130 Strafgesetzbuch (StGB) nicht eingreife, habe dies jedenfalls gute Gründe.