Harbarths Impfpflicht war verfassungswidrig
Zur Entscheidung des Verfassungsgerichts zur „einrichtungs- und unternehmensbezogene Nachweispflicht“. Beschluss vom 27. April 2022, Aktenzeichen: 1 BvR 2649/21.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im April 2022 die Pflicht zum Nachweis einer Impfung gegen Covid-19 als verfassungskonform bewertet. Schon damals bestanden an diesem Beschluss erhebliche rechtliche Zweifel. Nun hat das Verwaltungsgericht Osnabrück erklärt, dass es die Impfpflicht im Beruf und den damit verbundenen Ausschluss vom Arbeitsplatz für rechtswidrig hält und die Sache nach Karlsruhe (zurück) verwiesen.
Der Richtungswechsel in der Rechtsprechung geht mit den RKI Protokollen und der Zeugenbefragung des RKI-Präsident Schaade einher. Demnach hätte jedenfalls ab November 2022 klar sein müssen, dass auch eine Impfung nicht davor schützte, andere Menschen mit dem Coronavirus anzustecken. Der Schutz vulnerabler Personen vor einer Ansteckung sei aber ausschlaggebend für die Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht gewesen.
Endlich traut sich ein Gericht dem Impf-Narrativ zu widersprechen, aber bei genauerem Hinschauen, hätte dem Verfassungsgericht schon im April 2022 klar sein müssen, dass die Impfpflicht nicht verfassungsgemäß sein kann. Das Verfassungsgericht meinte jedoch, dass der Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit verfassungsrechtlich gerechtfertigt gewesen sei. Die Begründung war jedoch schon damals voller rechtlicher Widersprüche. Zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes wäre angeblich eine fachwissenschaftliche Mehrheit davon ausgegangen, dass sich geimpfte und genesene Personen seltener mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizieren und daher das Virus seltener übertragen könnten.
Angenommen wurde auch, dass Geimpfte bei einer Infektion weniger und kürzer als nicht Geimpfte infektiös sind. Eine einfache Nachfrage beim Hersteller Vizer hätte allerdings genügt herauszufinden, dass diese „fachwissenschaftliche Mehrheit“ von falschen Voraussetzungen ausgegangen sind. Im November 2022 erklärte die Vizer Managerin Janine Small im Europa-Parlament dann, dass man aufgrund des Zeitmangels die Impfstoffe nicht daraufhin überprüft habe, ob sie tatsächlich vor einer Übertragung des Virus schützen würden. Doch wenn das Pharmaunternehmen vor der Zulassung nicht wusste, ob sein Impfstoff die Weitergabe des Virus verhindert, wie kamen dann die jeweiligen Regierungen dazu, solches zu behaupten? Worauf stützte man sich? So behauptete man, dass Studien jedenfalls belegen würden, dass es eine Reduktion der Virusausbreitung nach der Covid-Impfung geben würde, aber auch diese These ist wissenschaftlich nicht belegt gewesen.
Die Tagesschau behauptete, dass es anhand der Studienergebnisse zu der Wirksamkeit der Impfstoffe bereits starke Indizien dafür gäbe, dass eine Impfung auch vor einer Weitergabe des Virus schützen kann. Doch nicht alle Untersuchungen kamen zu diesem Schluss, die Studien zeichneten vielmehr ein unterschiedliches Bild von der Viruslast, die Geimpfte aufwiesen. Wenn die wissenschaftlichen Erkenntnisse also jedenfalls unklar waren, so wäre es jedenfalls zumutbar und auch erforderlich gewesen beim Hersteller selbst nachzufragen, hätte man dies getan, so hätte man schon bei der Verabschiedung des Gesetzes wissen können und müssen, dass die neuartigen Impfstoffe nicht zum Fremdschutz geeignet gewesen sind – jedenfalls aber erhebliche Zweifel daran bestehen müssen.
Es ist daher blanker Unsinn, wenn das BVerfG meint, dass die Vertretbarkeit dieser gesetzgeberischen Eignungsprognose auch in Hinblick auf die Omikronvariante nicht zu beanstanden gewesen sei. Das genaue Gegenteil dürfte der Fall sein, denn nach dem Auftreten der Omikronvariante konnte noch nicht mal von der Impfstoffwirksamkeit ausgegangen werden. Im Umkehrschluss kann dies auch nur bedeuten, dass vermeintlich vor Covid geschützte „geimpfte“ Arbeitnehmer, erst recht eine Gefahr für die vulnerabler Menschen gewesen sind.
Man muss daher davon ausgehen, dass das BVerfG im Sinne des Impf-Narratives handelte, ohne dass belegbare wissenschaftliche Erkenntnisse zur Verfügung standen, sondern allenfalls Spekulationen. Nett ausgedrückt bezeichnete man dies als eine schwer vorhersehbare Dynamik. Die Sachlage sei eben komplex gewesen …
Gleichwohl kam man zu der falschen Annahme, dass das Gesetz verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Richtigerweise hätte man bereits die Erforderlichkeit der Impfpflicht in Frage stellen müssen, wenn nicht klar war, ob tatsächlich ein Fremdschutz bestand. Aber auch ein milderes Mittel als eine indirekte Zwangsimpfung stand zur Verfügung – ein Covid-19 Test.
Darüber hinaus, meinte dass BVerfG auch noch, dass die Impfpflicht verhältnismäßig im engeren Sinne gewesen sei, denn: neben dem erhöhten Risiko, schwerwiegend oder sogar tödlich an COVID-19 zu erkranken, war die staatliche Schutzpflicht gegenüber vulnerablen Personen auch deshalb in besonderem Maße aktiviert, weil diese nicht oder allenfalls eingeschränkt in der Lage waren, ihr Infektionsrisiko durch eine Impfung selbst zu reduzieren. Warum eigentlich nicht? Dann schützt die Impfung also doch nicht vor Corona! Diese Argumentation ist derartig unlogisch, dass es nur so kracht.
An der Stelle verliert das Verfassungsgericht aber auch den Art. 1 Grundgesetz völlig aus den Augen, denn eine Abwägung Leben gegen Leben kann es nicht geben, denn auch der Impfling spielt mit seinem Leben, wenn er eine Substanz zu sich nehmen muss, von der keiner wusste was drin ist und nur für den Notfall zugelassen war. Hierzu meinen die Richter aus Karlsruhe schlicht, dass die Beschwerdeführer nicht vorgetragen hätte, dass die Menschenwürde verletzt wurde. Dies muss auch nicht explizit vorgetragen werden, sondern ist zwangsläufig inzident Prüfungsvoraussetzung für das Gericht. Aber schließlich sei ja auch niemand zu Impfung gezwungen worden, man könne sich ja einen neuen Job suchen – meinten die geimpften Richter.
Genau diese „Logik“ widerspricht nicht nur dem Nürnberger Kodex, sie ist Teil einen Menschenbildes bei dem die Gemeinschaft – der gesunde Volkskörper – dem Recht des Einzelnen den Vorzug einräumt. Wer solche Entscheidungen trifft, der hat den Sinn der Grundrechte nicht verstanden, die zum Schutz vor dem Staat dienen. Statt dessen gab das Verfassungsgericht einem Gesetz den Vorrang, dessen Grundlage allenfalls auf Spekulationen beruhte. Warum aber weder der Gesetzgeber noch das Gericht beim Hersteller nachtragen, kam bis heute nicht zur Sprache.
Die erhebliche rechtliche Zweifel, die nun aus Osnabrück kommen, hätte also schon damals im April 2022 bestehen müssen und dazu führen müssen, dass das BVerfG die unternehmensbezogene Nachweispflicht schon damals als verfassungswidrig hätte einstufen müssen. Man kann also gespannt sein, wie der Karlsruher Richter sich nun bei der Neuvorlage des Gesetzes herausreden werden. Was Harbarth und Co. damals entscheiden, ist das was ich als Long-Covid für den Rechtsstaat bezeichne. Die Nachwirkungen der Entscheidung aus Karlsruhe haben zu einem erheblichem Vertrauensverlust von breiten Teilen der Bevölkerung in den Rechtsstaat geführt. Dieses Vertrauen kann meiner Ansicht nach nur dadurch wieder hergestellt werden, indem der ganze erste Senat des Verfassungsgerichts, einschließlich dem Vorsitzenden Stephan Harbarth nun zurücktritt. Nicht nur die Ernennung von Harbarth war bereits zweifelhaft, sondern auch und insbesondere die Entscheidungen die das Verfassungsgericht nun unter seiner Führung erlassen hat.
Zum guten Schluss: die gesamte Gesetzgebung war gebunden an das Bestehen einer pandemischen Lage von nationaler Tragweite – die ebenfalls niemals bestanden hat, es wurden sogar Betten in den Krankenhäusern abgebaut. Aber auch dies prüften die Verfassungsrichter niemals nach – vielleicht hatten sie zuwenig Zeit, da sie noch zum Abendessen verabredet waren.